Für alle Pflegefachkräfte, die mehr wollen als nur einen leuchtenden Konnektor.
Die Anbindung ist geschafft. Seit Juli 2025 sind die meisten Einrichtungen technisch am Start. Doch seien wir ehrlich: Die eigentliche Arbeit beginnt jetzt. Hardware ist einfach – Menschliches Verhalten zu ändern, ist die wahre Herausforderung. Wenn dein Team die neuen Anwendungen (KIM, E-Rezept, ePA-Zugriff) nicht nutzt, verstaubt die Investition und du hast nur mehr Aufwand, nicht weniger.
Hier erfährst du, wie du dein Team motivierst, Ängste nimmst und die TI fest im Tagesgeschäft verankerst.
Die 3 größten Hürden bei der TI-Implementierung
Bevor du motivieren kannst, musst du die Ängste und Widerstände deiner Kolleg:innen verstehen:
1. Die Angst vor dem „Mehr an Dokumentation“
Jede neue digitale Anwendung wird reflexartig als zusätzliche Aufgabe empfunden, die Zeit von der direkten Pflege abzieht. Das Team sieht den Aufwand, aber noch nicht den Nutzen.
2. Die Unsicherheit im Umgang mit sensiblen Daten
„Was, wenn ich einen Fehler mache?“ – Die Arbeit mit dem eHBA (Elektronischer Heilberufsausweis) und den Zugriff auf die ePA (Elektronische Patientenakte) löst die Sorge vor Datenpannen und rechtlichen Konsequenzen aus. Viele scheuen sich, die Verantwortung zu übernehmen.
3. Der Medienbruch in der Praxis
Das größte Frustrationspotenzial: Der Arzt schickt noch ein Fax, das Krankenhaus kommuniziert noch analog, obwohl du bereit für KIM (Kommunikation im Medizinwesen) wärst. Das Gefühl: „Ich mache den Aufwand, aber die anderen ziehen nicht mit.“
Strategien für den täglichen Einsatz der Telematikinfrastruktur
Strategie 1: Motivation durch den gelebten Mehrwert
Motivation entsteht nicht durch Vorschriften, sondern durch spürbare Erleichterung. Konzentriere dich darauf, den Nutzen sofort sichtbar zu machen.
| Fokus-Bereich | Konkreter TI-Vorteil für die Pflegekraft | Dein Praxis-Tipp |
| Medikationssicherheit | ✅ Kein Abgleich mehr nötig: Direkter Blick in den eMP (Elektronischer Medikationsplan) des Patienten über die ePA. | Führe einen „eMP-Check“ als Standard für jede neue Aufnahme ein. Lass das Team protokollieren, wie viel Zeit der manuelle Abgleich früher gekostet hat. |
| Kommunikation | ✅ Schnelle Rückmeldung: Fragen zur Medikation an den Arzt per KIM statt Faxen, die oft untergehen. | Bestimme einen „KIM-Champion“ pro Schicht, der die Verantwortung für die KIM-Kommunikation übernimmt. Das baut Expertise auf und reduziert Ängste. |
| Bürokratie | ✅ Kein Zettelchaos mehr: E-Rezepte kommen direkt an und müssen nicht mehr gesammelt und zur Apotheke gebracht werden. | Erstelle eine „1-Klick-Anleitung“ für den E-Rezept-Prozess. Feiert jedes erfolgreich digital abgewickelte Rezept als Erfolg. |
Strategie 2: Erfolge durch gezieltes Training
Technikängste besiegt man durch Kompetenz. Investiere nicht nur in die Hardware, sondern vor allem in die Software des menschlichen Gehirns.
1. Vom „Frontal-Training“ zum „Learning by Doing“
Vergiss lange, trockene Schulungen. TI ist kein Theoriefach.
- Mini-Trainings (5-10 Minuten): Führe wöchentlich „TI-Quickies“ in der Übergabe ein. Fokus: Ein einziger Prozess (z. B. „Heute loggen wir uns alle einmal in die ePA eines Übungs-Klienten ein.“).
- „Fehler-Kultur“ etablieren: Kommuniziere klar: Es ist erlaubt, Fehler zu machen. Der erste Fehler ist ein Lernprozess. Richte eine „Digitale Sprechstunde“ ein, in der IT-affine Kolleg:innen bei Problemen helfen.
2. Den eHBA entmystifizieren
Der Elektronische Heilberufsausweis ist das wichtigste Werkzeug für die Pflegefachkraft in der TI.
- Sicherheit betonen: Zeige auf, dass der eHBA die individuelle, sichere Identität schützt. Er ist kein Kontrollinstrument, sondern ein Schutzschild, der nur die qualifizierten Kräfte Zugriff auf sensible Daten gewährt.
- eHBA als Statussymbol: Stelle den eHBA als Auszeichnung und Kompetenzbeweis für die digitale Pflegefachkraft dar. Nur wer ihn besitzt, kann die modernen, zeitsparenden Prozesse nutzen.
Strategie 3: Führung lebt vor und zieht mit
Die Umsetzung steht und fällt mit der Vorbildfunktion der Leitung und der TI-Verantwortlichen.
1. TI zur Chefsache machen
Die Einrichtungsleitung oder Pflegedienstleitung muss die TI-Nutzung aktiv einfordern und selbst vorleben.
- Der „Chef-KIM-Check“: Wenn die Leitung Kommunikation über KIM statt Fax anfordert und nutzt, wird dies zum Standard.
- Regelmäßiges Feedback: Nimm die Sorgen des Teams ernst. Erfasse wöchentlich die „Digitalen Schmerzpunkte“ und leite diese sofort an deinen IT-Dienstleister weiter. Zeige, dass das Team gehört wird.
2. Erfolge feiern und sichtbar machen
Nichts motiviert mehr als der Blick auf das Erreichte.
- „Digitalisierungs-Barometer“: Visualisiere den Fortschritt. Hänge eine Tafel auf, auf der steht:
- Anzahl KIM-Nachrichten in dieser Woche: +25
- Anzahl E-Rezepte digital abgewickelt: +12
- Gesparte Fax-Blätter: -50
- Dank aussprechen: Belohne das Team, wenn ein Meilenstein erreicht ist. Ein kurzes „Danke“ oder eine kleine Anerkennung für das Team, das die TI am besten nutzt, stärkt das Engagement.
Wichtige Erkenntnis: Die TI ist kein abgeschlossenes Projekt, sondern eine kontinuierliche Prozessoptimierung. Wenn du es schaffst, die TI als Werkzeug zur Entlastung und nicht als Zusatzlast zu verkaufen, wird dein Team nicht nur mitziehen – es wird die digitale Transformation der Pflege aktiv gestalten.




